Dienstag, 14. März 2023

Wie erleben Kinder den Übertritt in die Unterstufe?

Welche Ängste haben Kinder beim Wechsel von der Volksschule in Mittelschule oder Gymnasium und wie gehen sie mit diesen Ängsten um? Diese Fragen untersuchte die wissenschaftliche Arbeitsgruppe D.O.T. (Die offene Tür). Forschende unter Leitung von Dr. Beate Schrank, Oberärztin am Universitätsklinikum Tulln, führten über 50 Workshops in niederösterreichischen Schulklassen durch, um die psychischen Herausforderungen beim Wechsel in die Sekundarstufe besser verstehen zu lernen.

Herausforderung SchulwechselDer Wechsel von der Volksschule in die Unterstufe ist für Kinder häufig mit Ängsten verbunden. Sowohl die Veränderungen des Schulsettings als auch das mitunter gleichzeitige Einsetzen der Pubertät stellen junge Heranwachsende vor große Herausforderungen. Verhaltensmuster und negative Erfahrungen, die während der Schultransition erlernt und erlebt wurden, können Gesundheit und Wohlbefinden bis ins Erwachsenenalter negativ beeinflussen.Die Studie der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe D.O.T. (Die offene Tür) der Karl Landsteiner Privatuniversität untersuchte Ängste und Bewältigungsstrategien beim Schulübergang. Ziel war es, ein besseres Verständnis von Ängsten und Angstbewältigung zu gewinnen, um Ansatzpunkte für die Entwicklung wirksamer Interventionen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern zu identifizieren. 

Sicheres Erhebungssetting schafft Ergebnisse aus erster HandWie spricht man im Klassenverband über Ängste und den Umgang mit Ängsten, ohne dabei Kinder in eine unangenehme Situation zu bringen? Die Forschenden wählten eine Methode aus dem therapeutischen Bereich. Eine Geschichte, die sich um die Ängste eines fiktiven Kindes dreht, welches gerade in die Klasse der Kinder wechselt, wird gemeinsam mit den am Workshop teilnehmenden Kindern erarbeitet. Unter Anleitung wird überlegt, welche Ängste die Figur haben könnte und was dem Charakter helfen könnte mit diesen Ängsten umzugehen. Durch die Projektion der Situation auf einen fiktiven Charakter kann jedes Kind seine Gedanken und Sichtweisen einbringen, ohne von sich selbst mehr als gewollt preiszugeben. Für die Studie wurden in Niederösterreich 54 Workshops an 29 Schulen mit insgesamt 896 Kindern veranstaltet und qualitativ und quantitativ ausgewertet.

Ängste und StrategienEs konnten vier Kategorien von Ängsten identifiziert werden: die Angst, von Gleichaltrigen gemobbt zu werden, keine Freunde zu finden und in der neuen Klasse allein zu bleiben, die Angst vor einer „bösen“, strengen oder gemeinen Lehrperson oder Dirketor_in und die Angst, schulisch in der Sekundarstufe nicht mitzukommen. Um die Angst zu bewältigen, schlugen Kinder unterschiedliche Strategien vor, wie u.a. den Aufbau unterstützender Netzwerke und das Regulieren der eigenen Emotionen. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Kommunikation zu. Sowohl das In-Kontakt-Treten mit anderen als auch das Vermeiden negativ empfundener Kontakte dienen dazu, Ausgrenzung und Konflikte zu minimieren.

Interventionen zur besseren AngstbewältigungZusammenfassend zeigt sich, dass soziale Ängste häufiger erwähnt wurden als die Angst, den schulischen Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Die Kinder verfügen über Bewältigungsstrategien, allerdings besteht mitunter ein Mangel an Kompetenz und Sicherheit diese praktisch umzusetzen. Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich Ansatzpunkte für die Entwicklung von Interventionen ableiten, die dabei helfen können Ängste, die mit dem Schulwechsel verbunden sind, besser zu bewältigen.

Die wissenschaftliche Arbeitsgruppe D.O.T. wird durch das innovative Forschungszentrum Transitionspsychiatrie der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften abgelöst. Unter Leitung von OÄ Dr. Beate Schrank steht auch hier die psychische Gesundheit von jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren im Mittelpunkt des Interesses.

Open Access PublikationDie Arbeit ist Dank der Finanzierung durch die Karl Landsteiner Privatuniversität frei zugänglich im Journal „Social Psychology of Education“ erschienen.Stiehl KAM, Krammer I, Schrank B, Pollak I, Silani G, Woodcock KA. Children’s perspective on fears connected to school transition and intended coping strategies. Social Psychology of Education. 2023. doi: 10.1007/s11218-023-09759-1